Sind die Flight Levels das Shu, Ha oder Ri der Agilität – oder ist das die falsche Frage?
Ich habe schon oft darüber nachgedacht, was Shu-Ha-Ri bezogen auf Agilität bedeutet. Ich höre auch häufig, dass die Flight Levels eine Ri-Sache seien. Ich bin mir da nicht so sicher, deswegen versuche ich mal, meine Gedanken dazu in Worte zu fassen.
Shu-Ha-Ri ist eine coole Sache und ich kann mir gut vorstellen, dass es in vielen Bereichen klappt, wenn es darum geht, etwas komplett Neues zu erlernen. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob Agilität und/oder Flight Levels etwas komplett Neues sind.
Wenn ein hochbezahlter Manager es nicht schafft, die notwendige Agilität seines Unternehmens am Markt zu etablieren, dann befindet er sich aus meiner Sicht nicht am Shu-Level der Agilität, sondern am Shu-Level des Managements. Es kann überhaupt keinen Ri-Manager geben, der sich am Shu-Level der agilen Unternehmensführung bewegt, wenn der Markt Agilität verlangt. Das wäre gerade so, als würde ein Sternekoch (Ri) keine Reisgerichte (Shu) kochen können. Wenn ein Sternekoch kein Reisgericht kochen kann, ist er höchstwahrscheinlich kein Sternekoch.
Ja, wenn man Flight Levels als Denkmodell in der Organisation einführt, muss man nachdenken. Und das ist gut so! Die oberste Maxime der Flight Levels ist nämlich: „Nachdenken ausdrücklich erlaubt!“ Es ist ausdrücklich erwünscht, dass Manager ihr Hirn einschalten und – ja – auch ihre Erfahrungen einbringen. Das sind keine Vollpfosten, sondern schlaue Menschen, deswegen führen sie Unternehmen. Ich finde es echt verstörend, wenn Poster- und Framework-Agilisten Managern vorschreiben, was sie alles tun müssen, um agil zu werden. Noch verstörender finde ich es allerdings, wenn erfahrene Manager sich das vorschreiben lassen. Poster- und Framework-Agilität ist bequem. Wenn es nicht klappt, können Manager der Methode die Schuld geben. Consultants wiederum können sagen: „Klar, dass es nicht funktioniert. Ihr habt es nicht so gemacht, wie es im Buch steht.“
Mit den Flight Levels beschreiten wir einen anderen Weg. Wir glauben an die Mündigkeit und Verantwortlichkeit von Managern und sogar von Beratern. Das Modell der Flight Levels kann dabei helfen, einen Überblick zu gewinnen, auf welchen Ebenen einer Organisation was zu tun ist, damit man das erreicht, was man erreichen will. Die Flight Levels sind aber kein Rezept, dem man folgen muss – sie helfen lediglich dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Nachdenken und Entscheidungen treffen müssen die Beteiligten selbst. Wenn Flight Levels in Organisationen angewendet werden, hören wir häufig: „Jetzt sehen wir endlich deutlich, wo das Problem liegt und was wir zu tun haben.“ Und das ist echt geil!
Ich bin leider nicht schlau genug, um das alleingültige Rezept dafür zu entwickeln, wie jede Organisation in jeder Branche und Größe am besten arbeiten sollte. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass so ein Rezept existiert. In jeder Organisation gibt es hoffentlich Experten, die wissen, wie Unternehmensführung funktioniert (aka Manager). Ich bin immer sehr demütig und geehrt, wenn ich sehe, dass sie Flight Levels als Werkzeug nutzen, um ihre Arbeit besser zu machen.