WIP-Limits müssen sterben!
Ein drastischer Titel, aber ich meine es ernst. Manche Leute zucken zusammen, wenn ich sage, dass man die Arbeit in einem Kanban-System limitieren soll. Sich bzw. die Arbeit zu limitieren, hat nämlich einen unangenehmen Beigeschmack. Auf der Ebene der Umsetzung klingt es wie: „Ja glaubst du denn, dass ich nicht in der Lage bin, zwei Dinge gleichzeitig zu machen?“ Auf höheren Ebenen, etwa im Portfolio-Management, klingt es wie: „Wir lehnen Kundenaufträge ab.“
In der Welt des effektiven Arbeitens sind WIP-Limits natürlich ein Kernelement. Sie sollen schlicht und ergreifend verhindern, dass man sich nicht verzettelt. Diese Verzettelung wird alleine darin deutlich, dass meistens nur davon gesprochen wird, Initiativen, Vorhaben und Projekte zu starten. Inzwischen wissen wir ja, das Multitasking ein Mythos ist und dass Unternehmen nicht dann erfolgreich sind, wenn sie möglichst viele Vorhaben starten, sondern wenn sie möglichst viele Vorhaben abschließen.
Wo alles nur landet, fliegt nichts
Die Sache ist: Mit WIP-Limits wollen wir nicht Arbeit ein- oder beschränken, sondern erreichen, dass die Anflugs- und Abflugsrate von Arbeit in einem System annähernd gleich ist. Ich vergleiche das gern mit einem Flughafen: Wenn dort mehr Flugzeuge anfliegen als Flugzeuge abfliegen, werden sich innerhalb kürzester Zeit am gesamten Gelände die Maschinen stapeln. Es ist absolut logisch, dass ein Flughafen eine gewisse Kapazität hat (WIP-Limit) und gemäß dieser Kapazität die Anflüge und Abflüge (Start und Beenden von Arbeit) gesteuert wird. Wenn die Flughafen-Kapazität erreicht ist, müssen Flugzeuge abfliegen (Arbeiten abschließen), bevor neue Flugzeuge anfliegen (Arbeiten starten) können.
Die Limitierung der Menge an Arbeit in einem Arbeitssystem, ist in erster Linie ein Mittel zum Zweck. Es soll nicht mehr Arbeit gestartet werden als abgeschlossen werden kann. Damit ein System nicht verstopft, verträgt es nur eine Grundmenge an aktiver Arbeit und diese Grundmenge wird durch das WIP-Limit repräsentiert. Obwohl sich an meiner grundsätzlichen Begeisterung für WIP-Limits vermutlich nie etwas ändern wird und sie aus jedem erdenklichen theoretischen und praktischen Betrachtungswinkel einfach sinnvoll sind, versuche ich dennoch, den Terminus „Limit“ immer öfter zu vermeiden. Er weckt bei vielen die falschen Assoziationen. Ich bin aber derzeit noch ratlos, wie man das WIP-Limit anders nennen könnte.
Hat jemand eine Idee? Für zweckdienliche Hinweise bin ich dankbar.