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|20 Feb 2025|Klaus Leopold

Selbstzweck-Transformation: Wenn die Methode wichtiger wird als das Ziel

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Ich muss zugeben, das Thema, über das ich heute schreiben möchte, hat mich nicht losgelassen. Es ist wie eines dieser kleinen Steinchen, die sich in den Schuh verirren und bei jedem Schritt stören – nicht so sehr, dass man gleich stehen bleibt, aber doch genug, um immer daran zu denken. Kennst Du dieses Gefühl? Genau so ein Steinchen ist das Phänomen der Selbstzweck-Projekte. Dabei geht es um Initiativen, die Organisationen starten, um besser zu werden, die aber irgendwie das Gegenteil bewirken. Klingt merkwürdig, ich habe das jedoch schon öfter gesehen, als mir lieb ist.

Der Kreislauf der Methodenoptimierung

Kennst Du diese Situationen, in denen Unternehmen beschließen, ihre Arbeitsweise zu verbessern? Sie fangen an, Agile Methoden einzuführen, oder noch schlimmer: Sie entscheiden sich für ein bestimmtes Framework, das sie mit aller Macht implementieren wollen. Berater kommen ins Haus, es gibt Workshops, Meetings, neue Boards werden aufgehängt – das volle Programm. Auf dem Papier sieht das ja auch erst mal gut aus. Aber dann passiert etwas Seltsames: Statt mehr zu liefern, verbringen die Teams plötzlich die Hälfte ihrer Zeit damit, die Methode „richtig“ anzuwenden. Meetings drehen sich nicht mehr um Kundenprobleme, sondern darum, ob das Sprint Planning wirklich exakt nach Lehrbuch durchgeführt wurde und wer bei der Retrospektive dabei sein darf und wer nicht. Es wird endlos diskutiert, ob die User Stories wirklich „ready“ sind und ob das WIP-Limit nicht doch um eins erhöht werden muss, da in einem neuen Blogartikel eine WIP-Zauberformel publiziert wurde die immerwährende Kundenzufriedenheit, Schönheit und Weltfrieden verspricht.

Und was passiert mit der eigentlichen Arbeit? Die bleibt liegen. Schlimmer noch: Die Menschen sind regelrecht vom Arbeiten abgehalten, weil sie zu viel Zeit damit verbringen, die Methode anzuwenden.

Selbstzweck-Projekte und der J-Kurven-Effekt

Genau das meine ich mit Selbstzweck-Projekten: Man verliert den Blick fürs große Ziel und konzentriert sich stattdessen auf die reine Perfektion der Methode. Das Ergebnis? Keine Verbesserung, sondern Stillstand. Und hier kommt der J-Kurven-Effekt ins Spiel.

Wir kennen ihn alle, den J-Kurven-Effekt – ein alter Hut, der bei so ziemlich jedem Gespräch über Veränderungen in Organisationen herangezogen wird. Trotzdem finde ich es wichtig, ihn kurz in Erinnerung zu rufen, denn er hilft, den Gesamtkontext hier zu verstehen: Jede Veränderung führt erst einmal zu einem Rückgang der Leistung, bevor sie zu Verbesserungen führt. Wir sprechen von einer Talsohle – einer Phase voller Verwirrung und Unsicherheit, in der man ziemlich viel Zeit und Ressourcen braucht, um die Veränderung vernünftig umzusetzen.

Das Problem ist, dass viele Organisationen in dieser Talsohle steckenbleiben. Und warum? Weil sie anfangen, die vermeintlich „richtige“ Methode perfekt umsetzen wollen, anstatt sich aufs tatsächliche Vorankommen zu konzentrieren. Und hier könnten wir fast vom Jevons-Paradoxon sprechen: So wie effizientere Kohleöfen im 19. Jahrhundert letztlich dazu geführt haben, dass noch mehr Kohle verbrannt wurde, führt der Versuch, durch moderne Arbeitsweisen noch effizienter zu werden, paradoxerweise zu immer mehr Overhead und Selbstbeschäftigung. Durch die scheinbar gute Idee, die Abläufe zu optimieren, investiert man noch mehr Zeit in die Optimierung – statt endlich echte Ergebnisse zu liefern.

Beratung als Verstärker für den Teufelskreis

Besonders spannend ist, dass externe Beratung diese Dynamik oft noch verstärkt. Nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen Beratung – ich mache das ja auch. Aber wenn der Beratungsansatz darauf abzielt, eine Methode zu lehren und deren Einhaltung zu überwachen, dann besteht ein echtes Risiko, dass die Organisation in endlosen Workshops, Schulungen und Zertifizierungen hängenbleibt. Da haben die Leute am Ende mehr Zertifikate als Lösungen, und die eigentlichen Probleme sind – wenn überhaupt – nur homöopathisch gelöst.

Ich habe mal erlebt, wie ein Unternehmen in einem Meeting mit 15 Leuten volle 45 Minuten darüber diskutiert hat, in welcher Farbe die verschiedenen Arbeiten in einem Tool reprästiert werden sollen. Statt in der Zeit mal ein reales Kundenproblem zu lösen, wurde ewig über Gelb oder Blau diskutiert.

Flight Levels als pragmatische Alternative

An diesem Punkt kommt Flight Levels ins Spiel, und zwar in Form eines richtig schlanken und pragmatischen „Flight Levels NOW-Ansatzes“. Der Clou ist, dass nicht alles angehalten wird, um nach irgendeinem Lehrbuch die perfekten Meetings durchzuführen. Stattdessen geht es darum, weiterhin echte Arbeit zu erledigen, während an den entscheidenden Stellen Verbesserungen angestoßen werden. Keine riesigen Transformationen mit Tamtam, sondern gezielte Eingriffe, genau da, wo der Schuh drückt.

Durch die Anwendung der fünf Aktivitäten von Flight Levels in einem Arbeitskontext erkennt das Unternehmen schnell, wo die wahren Schwachstellen liegen. Es wird dann entschieden, welches Problem am dringendsten ist, und genau dieses Problem geht man gemeinsam an. Vielleicht genügt eine Policy-Änderung, vielleicht eine klare Klarstellung bei Entscheidungswegen. Und schwupp, ist der Arbeitsfluss wieder auf Kurs. Es ist ein bisschen so, als würde man ein verstopftes Rohr einmal ordentlich durchspülen, statt eine komplett neue Wasserleitung zu verlegen.

Ergebnisse statt Perfektion

Mir ist eines sehr klar: Willst Du aus der Talsohle des J-Kurven-Effekts rauskommen und diesen Selbstzweck-Projekten entgehen, dann musst Du den Fokus auf echte Ergebnisse legen, nicht auf die angeblich perfekte Methode. Am Ende des Tages wollen wir doch alle, dass die Arbeit fließt und die Organisation vorankommt – und nicht in Methoden-Diskussionen versinkt, die mehr Show als Substanz sind.

Also, wenn Du das nächste Mal darüber nachdenkst, wie Du Deine Arbeitsweise verbessern kannst, frag Dich lieber, ob Du wirklich an echten Problemen arbeitest, an echten Lösungen feilst oder doch nur im Kreisverkehr der Methodenoptimierung feststeckst. Denn Perfektion ist selten das Ziel, Wirkung schon eher. Und Flight Levels hilft Dir dabei, genau diese Wirkung zu erzielen: raus aus dem blinden Aktionismus, rein in den Fluss.

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