Flight Levels® und Metriken
Es ist kein Geheimnis, dass ich eine intensive Kanban-Vergangenheit habe und dass die Flight Levels® tatsächlich auf dieser Basis entstanden sind. Ich war oft unglücklich darüber, wie bestimmte Aspekte in Kanban behandelt wurden und habe es einfach für meine Bedürfnisse angepasst.
Besonders mit einem Punkt hatte ich immer große Mühe: Messungen und Metriken. Als Informatiker fand ich Mathe immer sehr cool. Nach dem Studium war das Thema erstmal vom Radar verschwunden, bis eines Tages Kanban mit Metriken um die Ecke kam. Und plötzlich waren sie wieder da – meine geliebten Zahlen. Doch sie stellten keineswegs immer die Lösung für menschliche Probleme dar.
Ein prägendes Erlebnis
Ich erinnere mich genau an ein erleuchtendes Ereignis bei einem Kanban-Training in einem Unternehmen im Jahr 2013. Ich war dabei, den Stoff über “Termintreue” zu präsentieren und zeigte, wie man mit Durchsatz und Durchlaufzeit vorhersagen kann, wann Arbeit fertig wird. Ein Teilnehmer sagte daraufhin: “Ja, du hast das super erklärt. ABER unsere Arbeitsrealität ist anders. Wir sind in der Produktentwicklung. Unser Business konzentriert sich hauptsächlich auf das Weihnachtsgeschäft und zwei Fachmessen pro Jahr. Weihnachten und die Messe-Termine sind gut vorhersehbar – wir haben einen Kalender. Für uns ist es wichtig, dass unsere Produkte kontinuierlich weiterentwickelt werden. Uns ist es wichtiger, so viel wie möglich Kundenwert in unsere Produkte einzubringen, als irgendeine Termintreue zu verbessern.” Das brachte mich zum Nachdenken.
Metriken in Flight Levels
Diese Erfahrung hatte einen starken Einfluss auf mich. Zahlreiche Methoden und Frameworks haben eine Reihe von coolen Messungen als integralen Bestandteil der Methode. Diese müssen dann eingesetzt werden, denn die Methode sagt ja, dass Burn-Down- oder -Up-Charts, oder Durchlaufzeitstreudiagramme, Cummulative Flow Diagramme usw. benutzt werden müssen. Das finde ich nicht als zielführend. Und genau hier setzen wir mit dem Konzept der Flight Levels an.
- Zuerst stellen wir die Frage: “Was wollen wir mit diesem Flight Levels System überhaupt erreichen?” Das Ziel des Einsatzes von Flight Levels variiert von Unternehmen zu Unternehmen – es könnte zum Beispiel die Verbesserung von Liefergeschwindigkeit, Termintreue, Kundenzufriedenheit, Qualität, etc. sein.
- Dann fragen wir: “Wie merken wir, dass wir Fortschritt machen?” Genau jetzt kommen die Metriken zum Einsatz. Wir definieren eine oder mehrere Metriken, die uns als Feedback dienen.
- Anschließend fragen wir: “Welche zusätzlichen Metriken müssen wir einführen, um negative Effekte der Zielverfolgung erkennen zu können?” Um zu gewährleisten, dass wir auch negative Aspekte adressieren, definieren wir zu jeder Metrik auch Gegenmetriken. Siehe auch den Artikel “6 Performance Dimensions” von Troy Magennis.
Es zeigt sich also wieder einmal, dass Flight Levels ein Denkmodell ist, das dir hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vorbei ist die Zeit der Frameworks und Methoden, die auf jede Frage vorgeben einen Antwort zu haben.
Beim Einsatz von Metriken im Kontext von Flight Levels gilt also:
- Flight Levels schlägt explizit keine Metriken vor.
- Metriken helfen dir, das gemeinsame Verständnis zu schärfen, was du überhaupt erreichen willst.
- Du definierst Metriken, die zeigen, ob du dem Ziel näher kommst.
- Du definierst Gegenmetriken, um sicherzustellen, dass die Zielerreichung keine negativen Auswirkungen hat.
So spannend und intellektuell stimulierend das Thema Metriken auch sein mag, in einem Unternehmenskontext sollte der Fokus immer auf dem Ziel liegen. Übrigens: In unseren Flight Level 2 Design und Flight Level 3 Design Workshops behandeln wir das Flight Levels Verständnis zum Thema Metriken.